Rückblick: Auf der Suche nach Wahrheit – Die Klasse 12 der Waldorfschule spielte „Hexenjagd“

An zwei Abenden in gut gefüllter Festhalle spielte die Klasse 12 der Freien Waldorfschule auf der Alb in Engstingen „Hexenjagd“ von Arthur Miller. Ab der 1. Klasse ist das Theaterspielen ein wichtiges Element des Unterrichts, zunächst in Form von kleineren Stücken, später mit komplexeren Inszenierungen.

Theaterspielen bietet einen Raum für die Entfaltung der kreativen Fantasie und verlangt die Mitverantwortung aller, damit ein Stück auf die Bühne gebracht werden kann. Es stehen nicht einzelne Leistungen im Vordergrund, sondern alle sind mit einbezogen und übernehmen verschiedenste Aufgaben, wie z.B. als Schauspieler, Bühnenbildner, Kostümschneider, Maskenbildner, Bühnentechniker oder Beleuchter.

Die Klassenspiele in Klasse 8 und in Klasse 12 gehören zum Lehrplan und finden an „Schnittpunkten“ in der Entwicklung eines jungen Menschen statt: Das Zwölftklassspiel markiert den Eintritt in das Erwachsensein und zum Teil den Abschied von der Klassengemeinschaft.

 

Zum Stück:
Salem Massachusetts – Eine Frühlingsnacht im Jahr 1692

In der Vorgeschichte tanzt ein junges Mädchen nachts im Wald, angeführt von der Sklavin Tituba aus Barbados. Mit Hilfe karibischer Rituale soll sie sowohl Abigail Williams zu ihrem Liebesglück, als auch der kränkelnden Ruth Putnam durch Heraufbeschwörung der sieben verstorbenen Geschwister zur Genesung verhelfen.

Doch die Mädchen werden belauscht. Abigails Onkel, Pastor Parris, wird Zeuge des nächtlichen Treibens, bei dem er zu seinem Schrecken auch seine eigene kleine Tochter Betty erkennt.

Der Schock, entdeckt worden zu sein, und seelische Überforderung führen bei Betty und Ruth zu eigentümlicher Bettlägerigkeit.

Zur Handlung:

Diese und die Furcht der Mädchen vor Strafe werden zur Steilvorlage in der bigotten Stadt, um Hexerei ins Spiel zu bringen.

Eine allgemeine Verfolgungshysterie bricht aus, die ein Teil der Bevölkerung geschickt zum eigenen Vorteil zu nutzen weiß. Die Obrigkeit wittert Aufruhr, Anarchie und Gotteslästerung. Dagegen gibt es nur ein Mittel: Kerker oder Todesstrafe.

Salem wird zum Hexenkessel allgemeiner Beschuldigungen…

„Es gibt solche, die alles beschwören, ehe sie sich henken lassen, habt ihr daran nie gedacht?“

Es ist John Proctor, der mit dieser lapidaren Einsicht den Spezialisten für dämonische Künste, John Hale, konfrontiert.

Gesunder Menschenverstand spricht daraus, der das „Spiel mit der Angst“, insbesondere das mit der Todesangst durchschaut. Wenige Wochen nach dieser seiner Frage an den Gelehrten aus Beverly befindet sich Proctor (übersetzt Prüfer, Aufseher, Anwalt) selbst in der Lage, sich entweder verleumden zu müssen oder gehenkt zu werden.

Der Prüfer wird zum Prüfling.

Die Theaterpädagogin und Regisseurin Johanna Wolf dazu: „Ein Schauspiel ist Bild der menschlichen Seele. Alle auftretenden Figuren, die Rollen, leben in uns selbst, sind Facetten unseres inneren Lebens.  So ist uns auch die schwer um Aufrichtigkeit ringende Kraft des John Proctor nicht unbekannt.“

Arthur Miller schrieb das Stück „Crucible“ (Schmelztiegel) vor genau 70 Jahren in politisch angespannter Lage – dennoch kann es aktueller kaum sein. Die Schülerinnen und Schüler der 12. Klasse, sowie die Regisseurin und alle helfenden Eltern wurden belohnt mit „Standing Ovations“.