Abschlussfahrt Klasse 12 im Juni 2019: Eine Klasse auf dem Ijsselmeer
Üblicherweise geht jede 12. Klasse nach Abschluss der Fachhochschulreife- bzw. der Mittleren Reife Prüfung, des Eurythmieabschlusses und dem Klassenspiel, auf die letzte gemeinsame Klassenfahrt. Mit ihr geht die 12-jährige Waldorfzeit ihrem Ende zu und die Schüler orientieren sich neu in Bezug auf ihre Berufsauswahl, oder bereiten sich auf das Abitur vor.
Zu Beginn möchte ich mich kurz vorstellen. Mein Name ist Max Heinzelmann und ich bin/war Mitschüler der eben genannten Klasse. Ich möchte Ihnen nun einen kleinen Einblick in unsere letzte gemeinsame Reise nach 12 Jahren Klassengemeinschaft geben.
Es war eigentlich bereits am Anfang klar, dass es schwierig werden wird, allen Ansprüchen, die jeder an diese Klassenfahrt gestellt hat, gerecht zu werden. Nach einigen Wochen war die Auswahl auf zwei potentielle Reiseziele geschrumpft. Letztlich fiel die Wahl dann auf einen Segeltörn auf dem Ijsselmeer. Die Route sollte uns – ausgehend von Lemmer, über Lelystad und Amsterdam – nach einem Halt in Enkhuizen, wieder zurück nach Lemmer führen.
Also die Route war gesetzt und so ging es dann am 2. Juni 2019 früh morgens mit dem Bus von Engstingen in Richtung Niederlande, wo wir nach 12 Stunden auch ankamen und das Schiff mit Lebensmitteln und unseren Utensilien beluden. Den Rest des heißen Tages nutzten wir, um die Stadt und den Strand noch etwas auszukundschaften.
Am nächsten Morgen liefen wir nach einer Einweisung, wie Knoten zu machen, Befehle auszuführen und das Verhalten während gesetzter Segel auszusehen hat, aus. Der Wind meinte es gut mit uns, jedoch nicht gut genug, wenn es nach der Meinung unseres Captain gegangen wäre.
Nach ca. 5 Stunden Fahrt unter gesetzten Segeln erreichten wir also unseren ersten Halt Lelystad, eine kleine, aber feine Hafenstadt. Die erste Küchengruppe hatte sich dann auch ans Werk gemacht, um der hungrigen Besatzung ein ordentliches Abendmahl zu kredenzen. Den ersten Abend ließen wir dann bei netter Musik und einem Abendspaziergang ausklingen. Zu lange wach blieb natürlich, wie könnte es auch anders sein, niemand ;), denn wer will schon erschöpft und mit der letzten Nacht in den Knochen, Segel setzen, was nebenbei bemerkt ein ziemlicher Kraftakt ist? Sicher niemand!
Am nächsten Tag aber ließ uns der Wind leider im Stich und in gemütlicher Schleichfahrt ging es in Richtung Amsterdam. Die Sonne zeigte sich jedoch von einer sehr heißen Seite und so genossen viele die Ruhe auf dem Wasser und sonnten sich ausgiebig in der Hitze. Leider war es uns aus Sicherheitsgründen nicht erlaubt, unter gesetzten Segel, ins kühle Nass zu springen, zum Leidwesen der durchgebackenen Köpfe. Aber nach vielen Runden Kartenspielen und einer fast nicht mehr vertretbaren Menge an vernichteten Wurstbroten, kamen wir endlich in Amsterdam an, wo wir für zwei Nächte im Hafen blieben, um so viel wie möglich vom Stadtleben mitzunehmen. Unter anderem ging es, wie hätte es auch anders sein sollen, mit einem Boot durch den Hafen und die Grachten von Amsterdam.
Am Abend, als ein Großteil der Klasse ausgeschwärmt war, wurden wir von einem heftigen Gewitter überrascht. Da einige Fenster und Bullaugen offengeblieben waren, wurde die Laune einiger durch ihre völlig durchnässten Betten dann doch etwas auf die Probe gestellt. Da dabei viele Kleider und Kissen, aber vor allem der Innenraum des Bootes sehr nass geworden waren, erwies sich das Trocknen auch als etwas schwieriger, da die hohe Luftfeuchtigkeit ein schnelles Abtrocknen verhinderte. Zum Glück gab es jedoch noch ein paar wenige unbenutzte Matratzen, die gegen die durchnässten ausgetauscht werden konnten.
Nachdem wir also vom Dieselgeruch, des im Päckchen neben uns liegenden Schiffes, zwei Nächte ausgeräuchert worden waren, ging es dann auch schon wieder weiter. Endlich blies der Wind wieder in die Segel und wir nahmen Fahrt auf. Nach guten Stunden Fahrzeit und wenigen kraftaufwändigen Manövern liefen wir in den Hafen von Enkhuizen ein. Hier sollten wir unseren letzten gemeinsamen Abend an Bord des Schiffes verbringen. Die Gelegenheit, diesen ausgiebig zu feiern, ließen wir uns nicht entgehen. Weitere Details werden aufgrund von Personenschutz zurückgehalten.
Am nächsten Morgen ging es also zum letzten Mal ans Segelsetzen, ein letztes Mal den Wind und die Gischt im Gesicht spüren und das so stark, wie noch nie auf unserer Reise. Der Wind meinte es an diesem Tag sehr gut mit uns und auch die raue See hatte keine Lust mehr, sich zurückzuhalten. Kaum hatten wir den Hafen verlassen, ging das Schiff in eine, bis dato noch nie erlebte Schräglage. Die Wellen trafen den Bug z.T. so heftig, dass wir noch beim Setzen der Segel völlig durchnässt wurden. Endlich aber hatte unser Trip die Note bekommen, nach der sich viele gesehnt hatten. Die Fahrt wurde zu einem großen Abenteuer. Wer allerdings wieder unzufrieden war, wenn auch diesmal nicht mit den Bedingungen, dafür eher mit unserer Arbeit, war natürlich der Captain. Da der Wind bereits im Hafen sehr stark geweht hatte, war es uns auch unter größter Anstrengung leider nicht gelungen, die Segel ausreichend zu spannen, weshalb wir, so der Skipper, viel zu langsam unterwegs seien. Für uns reichte es jedoch allemal und außerdem ging die Überfahrt dann umso länger. Aber auch an diesem letzten Tag sollten wir mit einem lachenden und einem weinenden Auge wieder in unserem Ausgangshafen ankommen. Wir waren wieder da, wo alles begonnen hatte, von wo aus Geschichten geschrieben, Filme gedreht und neuen Erfahrungen gemacht wurden.
Wir packten also alle Segel wieder sorgfältig ein, putzten das Schiff, luden alle restlichen Lebensmittel und alles Weitere wieder aus dem Segler in den Bus und nach einem Abschlussgespräch mit dem Captain und der Maat, ging es nach einem Abschlussfotoshooting auch schon wieder auf die Heimreise, die – Dank unseres sehr ambitioniert fahrenden Busfahrers – auch nicht allzu lange ausfallen sollte.
Abschließend kann ich eine solche Reise nur jedem ans Herz legen. Auch wenn anfangs viel Überzeugungsarbeit von Seiten der Tutorin und den Organisatoren nötig war, um einen Großteil der Klasse für die Reise zu begeistern, kann ich, ohne jemandem zu nahe treten zu wollen, vermutlich sagen, dass diese Klassenfahrt ein tolles Erlebnis war und viele Erwartungen weit übertroffen wurden. Ich finde, wir können stolz darauf sein, unsere 12 Jahre mit diesem Segeltörn abgeschlossen zu haben, ohne dass irgendjemand seekrank wurde oder die Reise abbrechen musste, auch wenn es für manche zuweilen etwas eng auf dem Schiff zuging. Für diese 12 Jahre voller Höhen und Tiefen, die wir gemeinsam erlebt haben, für die Erfahrungen, die wir machen durften und für alle Tage in diesen 12 Jahren, an denen es nie an Humor fehlte, möchte ich mich bei meiner Klasse herzlichst bedanken.
Vielen Dank für 12 tolle Jahre und alles Gute für Zukunft, egal wohin der Wind euch auch trägt.
Einige unserer schönsten Fotos finden Sie hier Abschlussfahrt der 12. Klasse (Juni 2019)
Max Heinzelmann, Klasse 12 (Schuljahr 2018/2019)